Kapitalismus ist genau so schlimm wie Sozialismus – Widerlegt

Kürzlich, in einem sehr spannenden Gespräch, kamen ich und mein Gesprächspartner auf den Sozialismus zu sprechen. Ich meinte dann, dass bei Gesellschaftssystemen, die zu stark nach Sozialismus klingen, bei mir immer die Alarmglocken losgehen, da der Sozialismus, überall dort wo er versucht wurde, in totalem Desaster geendet hat. Arbeitslager, Massenmord an der eigenen Bevölkerung, Armut, Hungersnot, Tyrannei und Unterdrückung.

Mein Gesprächspartner meinte daraufhin: Man kann nicht sagen, dass der Sozialismus schlimmer ist als der Kapitalismus. Kapitalistische Länder führen auch ständig Kriege, und das sind Kriege um Ressourcen, oder solche, die von der Rüstungsindustrie gepusht werden, also kapitalistische Kriege. Ausserdem führt der Kapitalismus zum Verhungern von Tausenden – (ich vermute, hier sind Drittweltländer gemeint) – und die Pharmafirmen blockieren das Erforschen von neuen, günstigeren und effektiveren Medikamenten, damit sie ihre eigenen, suboptimalen Medikamente zu teureren Preisen verkaufen können. Und wenn man so alle Todesopfer des Kapitalismus zusammenzählt, kann man nicht so einfach sagen, dass der Sozialismus mehr Menschenleben gekostet hat als der Kapitalismus.

Dieses Argument hat mich seit diesem Gespräch sehr beschäftigt. In diesem Artikel will ich nun versuchen, es so gut ich kann zu adressieren.

Wenn man solche Argumente angeht, dann kommt es immer sehr darauf an, was man genau mit was vergleicht. Man muss "gleiches mit gleichem" vergleichen, zumindest so gut man das kann. Natürlich ist jeder Mensch und sein Erleben einzigartig, und so gesehen könnte man sagen: "Man kann gar nichts vergleichen, da jeder Mensch einzigartig ist. Wie kannst du das Leiden eines Menschen in einem Arbeitslager mit dem Leiden eines Vaters vergleichen, dessen Kind gerade langsam und qualvoll an Leukämie stirbt." Und diese Aussage hat etwas Wahres an sich, aber sie hilft einem nicht dabei sich in der Welt zu orientieren und zu entscheiden, welches Gesellschaftssystem man nun anstreben soll.

Andererseits könnte man sagen: "Am Ende stirbt jeder an irgendwas, also sind alle Gesellschaftssysteme gleich gut." Dies ist aber eine sehr kalte und zynische Aussage, und auch eine, die nicht wahr ist. Ich denke, jeder Mensch würde, zumindest für sich und seine Liebsten, ein Leben mit weniger unnötigem Leiden und Schmerzen bevorzugen.

Irgendwo zwischen diesen zwei extremen Aussagen, gibt es die Möglichkeit, Dinge miteinander zu vergleichen. Nicht perfekt, aber auf einem nützlichen Abstraktionslevel. Ich werde den Vergleich in diesem Artikel in zwei Kapitel unterteilen: Wirtschaftliche Produktivität und Gewalt und Zerstörung. Die Thematik um Hungersnot und Pharmabranchen wird im ersten Kapitel behandelt, die Thematik Krieg und Unterdrückung der eigenen Bevölkerung im zweiten Kapitel.

"Kapitalismus ist ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, in dem materielle Güter in Privatbesitz sind und die Produktion und Verteilung von Gütern durch den freien Markt bestimmt wird."

Bevor wir in den eigentlichen Vergleich einsteigen, brauchen wir noch ein paar Definitionen: Kapitalismus ist ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, in dem materielle Güter in Privatbesitz sind und die Produktion und Verteilung von Gütern durch den freien Markt bestimmt wird. Sozialismus ist ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, in dem die Produktionsmittel von der Gesellschaft als Ganzes verwaltet werden. Die Idee ist, dass jeder das produziert, was er kann und das kriegt, was er braucht. Kommunismus ist ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, in dem es kein Privateigentum gibt, und alle alles teilen.

Die USA und die UdSSR hatten eine ähnliche Bevölkerungszahl und waren zu ihrer Zeit die prominentesten Beispiele einer kapitalistisch resp. sozialistisch organisierten Gesellschaft. Daher werde ich der Einfachheit halber einige Vergleiche in diesem Artikel auf diese zwei Länder beschränken.

Wirtschaftliche Produktivität

Das Hauptproblem des Sozialismus ist, dass er ökonomisch nicht funktioniert. Sozialismus als Wirtschaftssystem ist dem Kapitalismus als Wirtschaftssystem deutlich unterlegen. Sozialistisch strukturierte Gesellschaften produzieren deutlich weniger und auch weniger hochwertige Güter als kapitalistische Gesellschaften. So war z.B. das GDP per Capita in der UdSSR stets um einen Faktor 3 bis 4 tiefer als in der USA. Dies ist ein immenses Problem, das in den meisten Diskussionen viel zu wenig Beachtung kriegt. In diesem Abschnitt werde ich zuerst die zwei Hauptgründe hierfür erörtern und anschliessend auf den Einfluss, den dies auf die Lebensqualität an einem Ort hat, eingehen.

"Das Hauptproblem des Sozialismus ist, dass er ökonomisch nicht funktioniert."

Der erste Hauptgrund ist, dass in sozialistischen Systemen der Anreiz fehlt, sich selbst zu verbessern. Wenn jedermanns Lohn ausschliesslich von seinen Bedürfnissen abhängt, wieso sollte er sich dann besonders anstrengen? Wieso sollte er sich bemühen, härter, länger, oder effizienter zu arbeiten, wenn er am Ende genau gleich viel davon hat? Wieso nicht später kommen, früher gehen, und eine längere Mittagspause machen? Menschen beginnen also in die andere Richtung zu optimieren. Anstatt zu versuchen, möglichst viele, möglichst begehrte Güter zu produzieren, versuchen sie nun, möglichst wenig in ihrem offiziellen Job zu arbeiten, und daneben, in ihrer Freizeit, möglichst viel für sich selbst zu produzieren. Ein Beispiel hierfür ist, dass in vielen sozialistischen Ländern die Bauern in ihren eigenen, privaten Gärten ein Vielfaches an Lebensmittel pro Fläche produzierten, wie auf den kommunalen Feldern. Ein weiterer Hinweis auf dieses Problem ist der vielsagende Witz aus der Sowjetära: Sie tun so, als ob sie und bezahlen, und wir tun so, als ob wir arbeiten.

Da niemand einen Anreiz hat, gut (oder überhaupt) zu arbeiten, muss der Staat also jetzt jeden überwachen und die Faulenzer bestrafen. Dies führt zu einer immensen, unproduktiven Arbeitslast. Hunderttausende sind damit beschäftigt die anderen zu überprüfen und zu bestrafen, und all die Wächter produzieren selber nichts. Man kann das Problem ein Stück weit auslagern, indem die Menschen sich gegenseitig überprüfen und denunzieren, aber beide Kontrollmechanismen sind anfällig für Missbrauch. So oder so ist der Effekt, dass die meisten Menschen ihren Job nur noch so gut wie nötig machen, um nicht bestraft zu werden, und nicht so gut wie möglich, um einen Bonus oder eine Promotion zu erhalten. Über die Wirtschaft als Ganzes führt dies zu einer immensen Reduktion der Produktivität.

Das zweite grosse Problem ist, dass sozialistische Systeme keinen Preisbildungsmechanismus haben. Wie soll eine Schraubenfabrik wissen, ob sie mehr Aussensechskant-, Innensechskant-, Torx-, Kreuz-, oder Schlitzschrauben herstellen soll? Wie viel Getreide braucht das Land? Und wie viele Tomaten? Wie viele USB Sticks, Wanderschuhe, Motorblockgiessereien, oder Talkshows? Es gibt unendlich viele Güter, die produziert werden könnten, also wie soll jetzt jeder wissen, was er produzieren soll? In kapitalistischen Systemen löst der Preis dieses Problem. Da jeder seinen Gewinn maximieren will, wird jeder versuchen ein Gut zu produzieren, bei dem die Marge besonders hoch ist. Wenn die Leute Torx Schrauben bevorzugen, werden sie bereit sein etwas mehr für Torx Schrauben zu bezahlen, und daher wird die Schraubenfabrik beginnen mehr Torx Schrauben herzustellen. Sozialistische Systeme haben diesen Mechanismus nicht. Jeder kriegt ja das, was er braucht, Gewinnmaximierung gibt es nicht. Also gibt es auch keinen Mechanismus mehr, durch den der Markt die Menschen informiert, was sie jetzt am besten herstellen sollten, und wie viel davon.

"Der durchschnittliche Lebensstandard von Menschen in wirtschaftlich freien Ländern ist über 8-mal so hoch wie der von Menschen in unfreien Ländern."

Aber irgendwie muss ja trotzdem entschieden werden, wer jetzt was macht. In sozialistischen Systemen übernimmt dies dann meistens wieder der Staat, z.B. mittels eines Fünfjahresplans. Der Staat schätzt also ab, wie viel von jedem einzelnen Gut das Land braucht, wer es zu produzieren hat, und wie viele Mittel sie dafür brauchen dürfen. Ferner definiert der Staat auch, wer wie viel Lohn kriegt und was wie viel kostet. Aber natürlich kämpfen sie einen unmöglichen Kampf. Ich weiss nicht einmal selber, was ich in den nächsten fünf Jahren alles brauchen werde. Wie kann also jemand in Moskau auch nur grob abschätzen, wie viel von welchem Gut die Menschen in Nischnewartowsk oder in Njurba in den nächsten fünf Jahren brauchen werden? Und wie teuer es sein wird dies zu produzieren. Und dort hin zu transportieren. Es ist eine unmögliche Aufgabe. Bereits eine Hand voll unerwarteter politischer oder natürlicher Ereignisse reichen, um den gesamten Plan über den Haufen zu werfen. Zentralplanung führt, je länger sie dauert, zu immer schlimmerer Miss-Allokation von Ressourcen, und somit zum Mangel von essenziellen Gütern und zu Armut.

Gemäss einem Bericht der Heritage Foundation zur wirtschaftlichen Freiheit, ist der durchschnittliche Lebensstandard von Menschen in wirtschaftlich freien Ländern über 8-mal so hoch wie der von Menschen in unfreien Ländern.

Die Heritage Foundation misst die wirtschaftliche Freiheit anhand der folgenden vier Kategorien, die jeweils aus drei Subkategorien bestehen:

  • Rechtsstaatlichkeit - Eigentumsrecht, wirksames Justizsystem, integre Regierung
  • Grösse der Regierung - Steuerlast, Regierungsausgaben, gesunde Geldpolitik
  • Regulationen - Unternehmensfreiheit, Arbeitsfreiheit, monetäre Freiheit
  • Offener Markt - Handelsfreiheit, Investitionsfreiheit, finanzielle Freiheit

Aufgrund der massiven staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft, schneiden sozialistische Staaten in diesem Index deutlich schlechter ab als kapitalistische Staaten. Sozialistische Staaten definieren Ihre wirtschaftliche Produktivität ist ebenfalls deutlich schlechter als diejenige von kapitalistischen Staaten. Soweit stimmt die Theorie also mit den Fakten überein.

"Je mehr und je bessere Produkte eine Gesellschaft produziert, umso höher wird der materielle Lebensstandard in dieser Gesellschaft sein."

Die Lebensqualität an einem Ort hängt aber sehr stark von der wirtschaftlichen Produktivität ab, da fast alle Produkte, die Menschen begehren, zuerst produziert werden müssen, bevor sie konsumiert werden können. Ich verwende Produkt hier als Sammelbegriff für jegliche Güter und Dienstleistungen. Essen, Wohnungen, medizinische Versorgung, Heizungen, Autos, Fernsehshows, je mehr und je bessere Produkte eine Gesellschaft produziert, umso höher wird der materielle Lebensstandard in dieser Gesellschaft sein. Export und Import ändert an dieser Tatsache nichts. Export bringt Fremdwährungen ein, mit deren Hilfe man dann wiederum fremde Güter importieren kann. Am Ende ist Wirtschaft nach wie vor Tauschhandel.

Natürlich, und dies ist das Argument der Sozialisten, kommt es auch darauf an, wie die Güter verteilt sind. Es nützt der breiten Masse nichts, wenn viele hochwertige Güter produziert werden, wenn sie selber von einem Hungerlohn leben müssen. Allerdings suggeriert eine Statistik von Econlib wie erwartet, dass ein armer Mensch in einer reichen Gesellschaft einen viel höheren Lebensstandard hat als ein armer Mensch in einer armen Gesellschaft.

Ein weiterer Grund zur Hoffnung gibt folgende Statistik der Heritage Foundation: In den vergangenen 24 Jahren hat sich das Welt-GDP verdoppelt, und der Prozentsatz von Menschen, die in Armut leben, hat sich um einen Faktor 3 reduziert. Es scheint also doch, dass die gesteigerte wirtschaftliche Produktivität auch den Lebensstandard der Ärmsten weltweit anhebt. https://www.heritage.org/index/book/chapter-4

"Ein armer Mensch in einer reichen Gesellschaft hat einen viel höheren Lebensstandard als ein armer Mensch in einer armen Gesellschaft."

Aber sogar, wenn wirtschaftliche Freiheit alleine nicht reichen sollte, um den ärmsten der Gesellschaft ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen, können wir mit Sicherheit sagen, dass der Sozialismus dies noch viel weniger tut! Die verringerte Produktivität führt generell zu mehr Armut, und die Tatsache, dass sozialistische Staaten oft sehr schnell zu zentralistischen Diktaturen verkommen, verschlimmert die Lebensumstände noch um ein Vielfaches.

Hungersnot

Wenn wir einmal einen Blick auf die globale Hungerkarte werfen und diese mit der Karte für wirtschaftliche Freiheit vergleichen, dann sehen wir eine sehr starke Korrelation zwischen Unterdrückung und Hunger. Es gibt zwar ein paar Ausnahmen, aber es stellt sich jeweils die Frage, wie lange diese Ausnahmen stabil bleiben werden. Venezuela z.B. hatte 2018 noch ein mässiges Hungerproblem, jedoch hat sich dieses bis 2019 gravierend verschlechtert.

Wenn es ums verhungern geht, ist also sicher nicht der Kapitalismus schuld. Im Gegenteil, es scheint, dass der Kapitalismus einer der besten Schutzmechanismen gegen das Verhungern ist! Nach den obigen Erklärungen zu wirtschaftlicher Produktivität und Lebensstandard sollte dies nicht verwunderlich sein. Verhungern ist ein Ausdruck des tiefst möglichen Lebensstandards. Sozialistische Staaten schneiden oft viel schlechter im wirtschaftlichen Freiheitsindex ab. Somit trägt der Sozialismus viel mehr zum Welthunger bei als der Kapitalismus. Eine Recherche der grossen Hungersnöte in Kambodscha, der UdSSR, der Volksrepublik China, Nord-Korea, und als neustes Beispiel Venezuela, bestätigt diesen Punkt.

"Wenn es ums verhungern geht, ist sicher nicht der Kapitalismus schuld. Im Gegenteil, Kapitalismus ist einer der besten Schutzmechanismen gegen das Verhungern."

Viele Kritiker des Kapitalismus sagen, dass die ärmeren Länder so wenig zu essen haben, weil die reicheren Länder sie ausbeuten. Zu diesem Punkt muss man zwei Dinge sagen. Erstens sind es oft in erster Linie lokale Despoten und Gewaltherrscher, welche die lokale Bevölkerung ausbeuten. Wenn westliche Firmen mit den lokalen Despoten zusammenarbeiten, um von der Ausbeutung der lokalen Bevölkerung zu profitieren, ist dies zwar moralisch verwerflich, aber nicht der Grund der Unterdrückung. Der Grund der Unterdrückung ist die lokale Gewaltherrschaft. Zweitens stimmt es allerdings auch, dass westliche Länder andere Länder aus materiellen Interessen militärisch besetzen. Ich werde versuchen im Abschnitt Krieg auf diese Problematik einzugehen.

Medizinische Versorgung

Leider stimmt die Aussage meines Gesprächspartners, dass es auch im westlichen Medizinalwesen mehr als genügend Korruption gibt. Ich muss hier allerdings anmerken, dass das Medizinalwesen in vielen westlichen Ländern im Vergleich zu anderen Teilmärkten sehr stark staatlich kontrolliert ist. Ich würde daher argumentieren, dass es nicht primär der Kapitalismus, sondern eher die staatliche Einmischung in den Markt ist, die einen Grossteil der vorhandenen Probleme verursacht.

Des Weiteren muss man auch sagen, dass es so etwas wie optimale Medizin oder ein korruptionsfreies System nicht gibt. Medizin ist ein empirisches und ungenaues Handwerk, und es gibt tausende körperliche Gebrechen, bei denen wir weder die Ursache noch die Heilung genügend gut verstehen. Und Korruption gibt es überall, wo Menschen involviert sind. Die interessante Frage ist also: Unter welchem System ist die medizinische Versorgung besser und weniger korrupt? Um einen groben Überblick in dieser Frage zu erlangen, habe ich die medizinische Versorgung in der UdSSR mit der medizinischen Versorgung in der USA zur gleichen Zeit verglichen. Wie ihr an diversen Stellen in diesem Abschnitt sehen werdet, hat das katastrophale Wirtschaftssystem der UdSSR stark zur schlechten medizinischen Versorgung beigetragen.

Vor der 1917 Revolution gab es in Russland mit Ausnahme ein paar grosser Städte gar keine medizinische Versorgung. Die UdSSR wollte eine universelle medizinische Grundversorgung errichten und fokussierte ihre Ressourcen dabei auf maximale Effizienz, auf die sogenannten low hanging fruits. Diese sind einfache und häufige Beschwerden wie z.B. Knochenbrüche oder Blinddarmentzündungen, Sanitäre und Hygieneprobleme, sowie weit verbreitete ansteckenden Krankheiten wie Typhus, Cholera, und Tuberkulose. So erreichten sie anfangs gute Verbesserungen in der Kindersterblichkeit und der Lebenserwartung. Um 1960 war die Lebenserwartung in der UdSSR ähnlich hoch wie im Westen. Dies heisst allerdings nicht, dass der Komfort ähnlich war. Schmerzmittel wurden z.B. von der Regierung für viele med. Prozeduren als nicht notwendig erachtet. Im Lichte des letzten Abschnitts dieses Artikels, vermute ich allerdings, dass dies nur die medizinische Lebenserwartung ist, und dass Exekutionen, Hungersnöte, und Arbeitslager in dieser Lebenserwartungsstatistik nicht abgebildet sind.

"Das katastrophale Wirtschaftssystem der UdSSR hat stark zur schlechten medizinischen Versorgung beigetragen."

Nicht zuletzt aufgrund des wirtschaftlichen Zerfalls der Sowjetunion ging auch die medizinische Versorgung von 1960 an den Bach runter. Während in westlichen Ländern die Lebenserwartung weiterhin stieg und die Kindersterblichkeit zurückging, war der umgekehrte Trend in der UdSSR zu beobachten. Pro Kopf hatte die UdSSR zwar mehr Spitäler und mehr Pflegepersonal und Ärzte als die USA, allerdings war die Ausrüstung der Spitäler und die Ausbildung des Personals durchwegs schlechter bis viel schlechter. Ressourcen waren dermassen knapp, dass Wegwerfartikel wie Spritzen, Latexhandschuhe, und Urinkatheter wiederverwendet werden mussten. Im ganzen Land gab es nicht mehr als 50 CT Scanner. In ländlichen Regionen hatten 27% der Spitäler kein Abwassersystem und 17% kein fliessendes Wasser. Auch hatte die UdSSR kaum eine eigene Pharma-Produktion und musste daher die meisten Pharmaprodukte aus dem Westen importieren. Dies konnten sie jedoch kaum, da sie kaum was exportierten und daher kaum westliche Währungen hatten. 1986 war die Lebenserwartung in der UdSSR 5 Jahre tiefer und die Kindersterblichkeit 2.5-mal höher. Die Muttersterblichkeit bei einer Geburt war 6-mal (!) so hoch wie in der USA. Bei vielen Krankheiten lag die Sterblichkeitsrate in der UdSSR höher als in der USA.

Ärzte waren sehr schlecht bezahlt und hatten auch kein hohes Ansehen in der Gesellschaft. Ihr Durchschnittseinkommen lag bei ca. 76% des Landesweiten Durchschnittseinkommens. Ein Arzt verdiente ca. halb so viel wie ein Ingenieur und musste dabei noch mehr Stunden arbeiten. Wie so viele, hatten auch Ärzte in der UdSSR keinen wirtschaftlichen Anreiz schneller oder besser zu arbeiten. Korruption grassierte weit und breit. Es war normal seinem Arzt ein "Geschenk" zu machen, und die Qualität der erhaltenen Pflege basierte oft auf der Qualität des Geschenks. Es gab sehr viel Schwarzarbeit, wo gute Ärzte viel Geld verdienen konnten, allerdings war dies hochgradig illegal. Offiziell gab es gratis medizinische Versorgung für alle, de facto gab es aber bald eine 2-Klassen Medizin, wo die Reichen auf dem Schwarzmarkt eine gute medizinische Versorgung kriegen konnten. In einer Befragung gaben viele Sowjet Bürger an, dass sie der Medizin nicht wirklich vertrauten. Der Hauptgrund für einen Arztbesuch war, eine Krankschreibung zu erhalten, um nicht arbeiten gehen zu müssen.

Korruption und Schwarzmarkt

Wie das Beispiel der Gesundheitsversorgung gerade gezeigt hat, wird Korruption und Schwarzarbeit umso häufiger, je mehr der Staat in die Wirtschaft eingreift. Menschen sind so veranlagt, dass sie versuchen das zu kriegen, was sie sich wünschen. In einem freien Markt versuchen sie dies durch Produktion und Tauschhandel zu erreichen. Die Option, Gewalt anzuwenden um das zu kriegen, was man will, wird durch den Staat sanktioniert.

In einem freien Markt ist es also nicht Korruption, jemandem mehr zu zahlen um weniger lange auf eine medizinische Behandlung warten zu müssen. Es ist einfach der Preis für einen besseren Service. Die Transaktion Geld-gegen-Dienstleistung ist erst dann Korruption, wenn die Dienstleistung u.a. darin besteht, dass ein Staatsangestellter illegalerweise eine Ausnahme von einem geltenden Gesetz macht, einen Verstoss gegen ein geltendes Gesetz nicht meldet, oder sich noch extra dafür bezahlen lässt, seine offizielle Aufgabe überhaupt zu erfüllen. Logischerweise gibt es umso mehr Gelegenheit für Korruption, je mehr der Staat sich in die Wirtschaft einmischt. Je öfter ein Mensch durch ein Gesetz von seinem Ziel abgehalten wird, umso öfter wird er versucht sein, dieses Hindernis durch Korruption zu überwinden. Vor allem, wenn er das Gesetz als ungerecht und tyrannisch wahrnimmt, gibt es keine moralische Hemmung mehr es zu umgehen. Alles was ihn dann noch daran hindern könnte ist die Angst vor der Strafe.

"In einem freien Markt ist es nicht Korruption, jemandem mehr zu zahlen um weniger lange auf eine medizinische Behandlung warten zu müssen. Es ist einfach der Preis für einen besseren Service."

Ähnlich verhält es sich mit Schwarzarbeit. Schwarzarbeit ist oftmals eine ganz normale Arbeit, die aber durch ein Gesetz verboten ist. Wiederum je mehr Gesetze es gibt, umso mehr Schwarzarbeit wird es geben, und je weniger die Menschen die Gesetze respektieren, umso eher werden sie diesen Weg wählen, um ihr Ziel zu erreichen. Der Schwarzmarkt besteht somit zu einem grossen Teil einfach aus dem Teil des freien Marktes, der per Gesetz verboten wurde. Der andere Teil des Schwarzmarktes besteht aus dem Anbieten von Produkten, die mit Gewalt oder Betrug zu tun haben. Diese Aktivitäten zu unterdrücken ist eine legitime Aufgabe des Staates.

Gewalt und Zerstörung

Gemäss einem schönen Sprichwort, gibt es zwei Arten etwas zu kriegen: Entweder man produziert es selber, oder man nimmt es jemandem weg. Wir kommen jetzt zur Diskussion der zweiten Alternative, zu Gewalt und Zerstörung. Dabei ist Zerstörung einfach eine besonders unproduktive Form der Gewalt, aber alle Gewalt ist unproduktiv. Der Gewalttäter muss immer eine Arbeitsleistung verrichten, um dem Opfer etwas wegzunehmen, und diese Arbeitsleistung zerstört etwas, da sie entgegen der Anstrengung des Opfers verrichtet wird. Das heisst, sogar wenn der Täter durch seine Tat reicher wird – was nur selten wirklich der Fall ist – werden Täter und Opfer zusammen im Durchschnitt ärmer. In diesem Abschnitt werde ich kapitalistische und sozialistische Gesellschaften bezüglich Kriegen, sowie bezüglich der Unterdrückung der eigenen Bevölkerung vergleichen.

Kriege

Zuerst müssen wir kurz klarstellen, dass Kapitalismus nicht mit Gier gleichzusetzen ist. Eine Handlung, die darauf abzielt sich selbst zu bereichern, hat nur im Kontext des freien Marktes etwas mit Kapitalismus zu tun. Nur weil ein Krieg um Ressourcen geführt wird, ist es nicht ein kapitalistischer Krieg. Es gibt allerdings durchaus das Problem, dass Rüstungs-, Bau-, und andere Firmen in kapitalistischen Ländern von Kriegen profitieren können. Somit können sie auch ein Interesse daran haben, Kriege zu schüren. Auch gibt es diverse Firmen, die ein Interesse an militärischen Interventionen haben könnten, sofern diese den Preis von Öl oder anderen Rohstoffen verringern. Falls der Einfluss auf die Preise im ganzen Land spürbar ist, und es vielleicht sogar einen Haufen Land und Unternehmer- und Verwalterpositionen im neu eroberten Gebiet zu besetzen gibt, kann es sogar gut sein, dass die gesamte Bevölkerung eines kapitalistischen Landes ein Interesse an einem solchen Krieg hat. Dies sind absolut verwerfliche Praktiken und reale Probleme, für die der Kapitalismus keinen intrinsischen Korrekturmechanismus hat.

Es muss allerdings auch klar gesagt werden, dass der Sozialismus so einen Korrekturmechanismus ebenfalls nicht hat. Je mehr der Staat beim Feind stiehlt, umso mehr kann er zuhause den Bürgern verteilen. Und auch im Sozialismus gibt es Industriezweige, die vom Krieg profitieren. Zwar nicht dadurch, dass sie höhere Löhne kriegen, aber dadurch, dass mehr Ressourcen bei ihnen durchfliessen, und sie somit mehr für sich selbst abzweigen können. Der Staat hat ja keine Ahnung, wie viel es tatsächlich kostet 1000 Tonnen Munition herzustellen. Also gibt man einfach eine schön grosszügige Schätzung an und behält die Differenz dann für sich. Die Regierung selbst profitiert in beiden Systemen von Krieg. Politiker sind in Friedenszeiten nie so mächtig und werden nie so ernst genommen, wie im Krieg. Und die Unüberschaubarkeit und Geheimhaltung der Ereignisse und die Grösse der verwendeten Geldbeträge erlaubt viel mehr Korruption und Vetternwirtschaft.

Um aber die beiden Systeme quantitativ miteinander zu vergleichen, wollte ich die grössten Kriege weltweit von 1917 bis 1991 vergleichen, bei denen mindestens eine Partei klar kapitalistisch oder sozialistisch war. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese Aufgabe viel zu gross war. Es gab schlicht zu viele Kriege, zu viele Mischungen von Gesellschaftssystemen, und zu viel Facetten. Es gab Freischärler und Milizen, Terrororganisationen und Diktaturen, König- und Kaiserreiche, Kolonialmächte und Unabhängigkeitskämpfer, Kapitalisten, Faschisten, Sozialisten, Kommunisten, sowie religiös, ethnisch, und materiell motivierte Gruppen. Oft haben mehrere Konfliktparteien aus diversen direkt oder indirekt betroffenen Staaten ihre unterschiedlichen Interessen mit Gewalt vertreten.

Inwiefern hat der Kapitalismus in der dritten Französischen Republik zu den Kriegsopfern beigetragen, als Frankreich dem feudalistischen Spanien dabei half, Unabhängigkeitsbestrebungen in seiner Kolonie in Marokko brutal niederzuschlagen? Inwiefern war der Sozialismus Schuld an den Kriegsopfern des Algerienkriegs, als die marxistisch-nationalistische Befreiungsfront um Unabhängigkeit von der französischen Kolonialmacht kämpfte?

Aber vielleicht kann man ja im Koreakrieg sagen, dass Nord-Korea ganz klar die Offensive gestartet hat. Andererseits hat die USA beim Zurückdrängen der Kommunisten ebenfalls das UN-Mandat verletzt und versuchte gleich ganz Nord-Korea einzunehmen. Dies brachte erst die Volksrepublik China dazu, mit mehreren hunderttausend Mann in den Krieg einzugreifen. Wer weiss, wie viele Tote es sonst weniger gegeben hätte? Musste die USA wirklich 450000 Tonnen Bomben über Nord-Korea abwerfen? Und was ist mit den Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten? Wie viele der 4.5 Mio. Toten aus diesem Krieg kann man also zulasten des Sozialismus zählen?

"Es scheint, dass Kapitalismus und Sozialismus ca. gleich schlimm sind was Krieg angeht."

Einen quantitativen Vergleich der Kriegsopfer konnte ich also nicht erstellen. Falls ihr so einen Vergleich kennt, bitte schickt mir einen Link. Die Kriegsmotive waren, wie mir scheint, unabhängig vom Gesellschaftssystem, stets ähnlich. Die Motive, die ich regelmässig sah, waren Stolz, ethnische Zugehörigkeit, Gier nach Geld und Macht, Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung, sowie ideologisch / religiös motivierte Konflikte. So haben z.B. die kommunistisch-nationalistischen Viet-Minh gegen die französische Kolonialmacht und später im Vietnamkrieg gegen die USA für Unabhängigkeit und Selbstbestimmung gekämpft – andererseits hat die sowjetische Besatzungsmacht den bürgerlich-demokratischen Volksaufstand in der Ukraine 1956 brutal niedergeschlagen. Die USA unterstützte Südvietnam aufgrund ihrer Containment Politik, um die Ausbreitung des Sozialismus einzudämmen – die Volksrepublik China unterstützte Nord-Korea, um die Ausbreitung des Kapitalismus in ganz Korea zu verhindern. Viele Kriege während des Kalten Krieges wurden von Kapitalisten auf der einen Seite und von Sozialisten auf der anderen Seite unterstützt, da beide Blöcke befürchteten, die anderen könnten ihren Einflussbereich ausdehnen. Viele Kriege wurden dadurch unnötig verlängert und intensiviert.

Und leider führten alle möglichen Staaten immer wieder Kriege aufgrund von territorialen, wirtschaftlichen, und lokalpolitischen Interessen, oder aufgrund ihrer Bündnislage. Dabei ist anzumerken, dass kapitalistische Staaten auch gegen kapitalistische Staaten kämpften und sozialistische auch gegen sozialistische. Siehe z.B. Griechenland vs. Türkei 1921, Bolivien vs. Paraguay 1932, oder die CIA Einmischung im Guatemaltekischen Bürgerkrieg 1960 – aber auch UdSSR vs. China 1969, Vietnam vs. Kambodscha 1979, und China vs. Vietnam 1979.

In vielen Bürger- und Unabhängigkeitskriegen formten sich die Kriegsparteien anhand der ethnischen Zugehörigkeit, wie z.B. im lettischen Unabhängigkeitskrieg, oder in den Bürgerkriegen in Myanmar und in Äthiopien. Viele der Gräueltaten und Genozide, die während oder nach Kriegen verübt wurden, waren zum Teil ethnisch motiviert.

Ich kann also keine Aussage machen, ob Kapitalismus oder Sozialismus zu mehr Leid durch Krieg führt. Es scheint mir, dass beide Systeme in dieser Hinsicht etwa gleich schlecht sind.

Unterdrückung der Eigenen Bevölkerung

Ich habe allerdings einen markanten Unterschied zwischen kapitalistischen und sozialistischen Systemen beobachtet: Es schien mir, dass brutale und langanhaltende Unterdrückung der Bevölkerung öfter in sozialistischen Systemen vorkam als in kapitalistischen. In den Beispielen UdSSR, Volksrepublik China, Kambodscha, Nord-Korea und zu einem kleineren Grad auch Vietnam, folgte auf die Machtübernahme der Sozialisten eine gezielte ideologische Säuberung, in der die Reichen sowie viele politische Gegner enteignet, öffentlich als Volksfeinde angeprangert, und in Arbeitslager geworfen oder exekutiert wurden. Die Unterdrückung jeglicher Kritik an der regierenden Partei und die permanente Suche nach und Vernichtung von Volksfeinden sind oft permanente Bestandteile des Regierungssystems in sozialistischen Ländern.

Kritiker des Kapitalismus würden hier vielleicht die Kolonisation als Gegenbeispiel anbringen. Ich streite nicht ab, dass die Kolonialmächte an vielen Orten die lokale Bevölkerung enteignet haben, die lokale Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur zerschlugen und Widerstand brutal unterdrückten. Ich weiss allerdings nicht, zu welchem Grad man diese Verbrechen zu Füssen des Kapitalismus legen kann, und inwiefern andere Gesellschaftssysteme oder Ideologien auch noch zur Verantwortung zu ziehen sind. Und von Arbeitslagern und Massenexekutionen habe ich im Zusammenhang mit der Kolonisation noch nie gehört. Zwischen 1917 und 1991 fiel mir der oben beschriebene Trend jedenfalls vermehrt bei sozialistischen Regimen auf.

"Ideologische Säuberungen, Arbeitslager, und Massenexekutionen kommen vor allem in sozialistischen Systemen vor."

Um einen quantitativen Vergleich von Kapitalismus und Sozialismus hinsichtlich der Unterdrückung der eigenen Bevölkerung zu machen, werde ich in diesem Abschnitt im Detail die USA und die UdSSR zwischen 1917 und 1991 bezüglich Konzentrationslager, Zwangsarbeit, systematischer Vernichtung, Exekution, und Enteignung vergleichen. Ich werde nicht auf Zwangsrekrutierung, Sklaverei, und die Indianerkriege eingehen. Zwangsrekrutierung gab es in beiden Systemen und die Sklaverei wurde in beiden Ländern in den 1860ern abgeschafft. Die Vertreibung und Vernichtung der Indianer, die ein fürchterliches Kapitel der US Geschichte darstellt, hat aus meiner Sicht eher mit der Formung des Grossstaates USA zu tun, als mit der Unterdrückung der eigenen legalen Bevölkerung. Sie ist daher eher mit der gewaltsamen Expansion des Grossfürstentums Moskau gegen Osten vergleichbar, die Schritt für Schritt zur Annexion von ganz Sibirien und zur Formung des Grossstaates Russland geführt hat.

In der USA wurden während WWI ca. 250’000 Deutsche oder Personen mit Deutscher Herkunft unter Beobachtung gestellt. 6300 wurden verhaftet und verhört und 2048 wurden von 1919 bis 1920 in Lagern inhaftiert. Ca. 2000 Besatzungsmitglieder von Handelsschiffen wurden ebenfalls in Lagern festgehalten. Güter und Patente im Wert von ca. 1 Mrd. $ wurden von Deutschen Privatpersonen und Firmen konfisziert.

Im WWII wurden ca. 11’507 Personen deutscher Abstammung und 110'000 – 120'000 Personen japanischer Abstammung in Konzentrationslagern festgehalten. 62% der Personen japanischer Abstammung waren US Bürger. Wie in einer Untersuchung von 1980 klar wurde, wurden viele der Japan-stämmigen Personen eher aufgrund von Rassismus inhaftiert, als weil sie eine tatsächliche Gefahr darstellten. 1988 Entschuldigte sich die US Regierung bei den Betroffenen Japanern und deren Nachkommen und zahlte Ihnen ein äquivalent von 3.39 Mrd. heutigen USD an Reparationszahlungen.

Während WWII wurden auch noch 2200 Personen japanischer Abstammung und 4500 Personen deutscher Abstammung aus Südamerika in US Konzentrationslager gebracht. 1881 Italiener oder Italien-stämmige US Bürger wurden ebenfalls in Lagern festgehalten. Total also ca. 144'000 Personen. Die USA hatte zu diesem Zeitpunkt eine Bevölkerung von 140 Mio. Dies ergibt also 0.1% Personen in Konzentrationslagern. Die meisten festgehaltenen Personen wurden bis und mit 1945 freigelassen, bis Ende 1948 waren alle wieder frei. Viele von ihnen hatten jedoch all ihr Hab und Gut verloren.

"Die Lagerproblematik der USA kann in keiner Art und Weise mit der Terrorisierung der eigenen Bevölkerung durch die Regierung der UdSSR verglichen werden."

Aber, bei aller dabei verübten Ungerechtigkeit, kann die Lagerproblematik der USA wirklich in keiner Art und Weise mit der Terrorisierung der eigenen Bevölkerung durch die Regierung der UdSSR verglichen werden. Wikipedia: Von 1930 bis 1953 waren in den Lagern mindestens 18 Millionen Menschen inhaftiert. Mehr als 2,7 Millionen starben im Lager oder in der Verbannung. In den letzten Lebensjahren Stalins erreichte der Gulag mit rund 2,5 Millionen Insassen seine größte quantitative Ausdehnung. Fachleute gehen heute davon aus, dass insgesamt rund 28,7 bis 32 Millionen Menschen in der Sowjetunion Zwangsarbeit zu verrichten hatten. Sogar bei der maximalen Population der UdSSR von 290 Mio. im Jahr 1991, ergibt dies 10% bis 11% der gesamten Bevölkerung. 0.9% der gesamten Bevölkerung starben alleine in den Arbeitslagern.

Diese Zahl beinhaltet allerdings nicht die direkten Exekutionen. Alleine während des "Grossen Terrors", 1936 – 1938, wurden je nach Quelle 681’000 bis 750'000 Menschen exekutiert. Dies entspricht ca. 0.4% der gesamten damaligen Bevölkerung!

Während in der USA im Ersten und Zweiten Weltkrieg Personen, die direkt vom Feindesland abstammten, verdächtigt und teilweise ungerecht inhaftiert wurden, konnte in der UdSSR jeder zu jedem Zeitpunkt inhaftiert werden. Studenten, Ingenieure, Religiöse, jeder der jemals einer anderen politischen Partei zugehörig oder sympathisch war, sogar bevor es die Sozialisten überhaupt gab, stand unter Generalverdacht. Jeder der einmal im Ausland war oder Briefkontakt mit jemandem im Ausland hatte, ja sogar sowjetische Soldaten, die im Ausland in Kriegsgefangenschaft gerieten, wurden alle nach ihrer Rückkehr in die Arbeitslager geworfen. Unabhängig davon, ob sie mit den Alliierten gegen Essen kooperierten oder ihrem eigenen Land treu blieben und hungerten, kamen alle nach ihrer Rückkehr für 10 Jahre in die Arbeitslager. Viele Menschen wurden auch einfach zufällig verhaftet. Fehlte z.B. bei einem Gefangenentransport eine Frau von der Liste, so schnappten sie sich einfach eine Frau von der Strasse. Liste komplett, Auftrag erfüllt.

Es ist wahr, dass in der USA vielleicht 144’000 unbescholtene Bürger durch Inhaftierung in Konzentrationslagern enteignet wurden. In der UdSSR wurden jedoch alleine zwischen 1929 und 1933 zwei Millionen Kulaken enteignet und deportiert. Ein Kulak ist ein nicht ganz so armer Bauer, sprich ein Mitglied der Bourgeoisie, sprich ein Ausbeuter und Volksfeind. Zwei weitere Millionen Kulaken wurden zwangsumgesiedelt. Ca. 600'000 Starben dabei an Krankheit, Hunger, und Exekution. Ca. 4 Mio. Menschen verhungerten in der anschliessenden Hungersnot in der Ukraine, die mit dem Namen Holodomor in die Geschichte einging. In einer anderen regierungsverursachten Hungersnot verhungerten in der UdSSR von 1921 bis 1922 weitere 5 Mio. Menschen.

In der USA gab es von 1933 bis 1974 ein Goldverbot. In dieser Zeit kam es zu Hausdurchsuchungen, dem Aufbrechen von Bankschliessfächern, zu massiven Verstössen gegen das Eigentumsrecht also. In der UdSSR gab es allerdings auch eine Goldkonfiszierung. Diese begann 1929 und funktionierte folgendermassen: Jeder der je ein privates Geschäft besass oder sonst irgendwie reich gewesen war, jeder Goldschmied oder Zahnarzt, sowie jeder der für Goldbesitz denunziert wurde, wurde direkt verhaftet und ins Gefängnis gesperrt. Dort gab es kein Wasser und nur sehr salziges Essen. Wasser kriegte man nur, wenn man sein verstecktes Gold preisgab. Wer kein Gold hatte, war verloren.

"Während japanische Gefangene in US Konzentrationslagern diverse Baseball- und Footballteams bildeten, schufteten Millionen von russischen Inhaftierten bei - 50°C in den Goldminen der Kolyma."

Während japanische Gefangene in US Konzentrationslagern diverse Baseball- und Footballteams bildeten, schufteten Millionen von russischen Inhaftierten in mehr oder weniger normaler Kleidung bei - 50°C und mangelhafter Ernährung in den Goldminen der Kolyma. Gemäss einer Dokumentation – https://youtu.be/oo1WouI38rQ – schliefen Sie in Holzbaracken, wo ihre feuchten Haare teilweise in der Nacht an den Brettern anfroren, weil es so kalt war (Doku: 48:21). Ein Gefangener berichtete aufgrund von Skorbut 13 Zähne verloren zu haben (Doku; 58:21).

Wer mehr über die absolut unvorstellbaren Zustände wissen will, unter denen die gesamte Bevölkerung der UdSSR litt, der soll einmal ein paar hundert Seiten von A. Solschenizyns Werk Der Gulag Archipel lesen. Aus meiner Sicht sollte dieses Werk in jedem Land zur Pflichtlektüre gehören. Eine gewisse Kenntnis der fürchterlichen Verbrechen Maos und Pol-Pots sollte ebenfalls in keiner Grundbildung fehlen.

Schlussfolgerung

Anhand all dieser schrecklichen Zahlen und Vergleiche sollte es meiner Meinung nach eindeutig bewiesen sein, dass der Sozialismus als politisches und wirtschaftliches System zu viel schlechteren Lebensbedingungen führt als der Kapitalismus. Das heisst nicht, dass der Kapitalismus perfekt ist, aber er ist definitiv weniger schlimm als der Sozialismus. Und wer dies immer noch bestreitet, der soll mir bitte eine Zeit in der Geschichte nennen, wo die Mehrheit der Flüchtlinge weltweit nicht aus sozialistischen Staaten raus und in kapitalistische Staaten rein zu gelangen versuchten. Eigentlich sollte diese Tatsache alleine schon reichen, die ganze Frage definitiv zu beantworten.

"Wer nicht eine genaue Vorstellung hat, wie die fürchterlichen Katastrophen der bisherigen Versuche in Zukunft vermieden werden können, der sollte sehr vorsichtig sein, bevor er sagt: Der Sozialismus wurde noch nie richtig probiert."

Und wer weiss, vielleicht gibt es ja irgendeine Art von Sozialismus, die anders ist als alle, die bisher versucht wurden, und die sehr toll wäre. Ich kann mir dies nicht vorstellen, aber vielleicht ist es ja so. Aber, wer nicht eine genaue Vorstellung hat, wie die fürchterlichen wirtschaftlichen und unterdrückerischen Katastrophen der bisherigen Versuche in Zukunft vermieden werden können, wer nicht immerhin eine logisch konsistente Theorie hat, wieso die bisherigen Versuche schiefgingen und wie ein neuer Versuch sich gegen genau dieses Schiefgehen absichern könnte, der sollte meiner Meinung nach sehr vorsichtig sein, bevor er sagt: "Der Sozialismus wurde noch nie richtig probiert." Denn diese Aussage impliziert, dass es eine gute Idee wäre es noch einmal zu probieren, bloss diesmal richtig. Aber wenn man nicht weiss, was man diesmal anders machen muss, dann wird es mit grösster Wahrscheinlichkeit wieder genau gleich rauskommen. Wieso sollte es auch nicht? Auch hier gilt der vielgeliebte Spruch: "Wahnsinn ist, wenn man immer wieder das Gleiche tut, aber ein anderes Resultat erwartet."

Quellen

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